fbpx
Ottmanngut | Gedanken im September

Martin Kirchlechner

20. September

Share:

zurück

Gedanken im September

Nun ist wirklich schon September. Es ist verrückt, wie schnell die Monate vergehen. Ich selbst freue mich ja immer, wenn diese Zeit endlich da ist. Es ist zwar am meisten Arbeit zu tun und Meran platzt aus allen Nähten, doch irgendwie kühlt alles wieder ab, ganz wortwörtlich und auch im übertragenen Sinne. Die Nächte werden kühler und so auch die Köpfe.

Nur das Licht wird wärmer, richtig golden. Im Ottmanngut geht alles seiner Wege, wie immer, kann man sagen. Auch wir haben in dieser Zeit mehr zu tun, aber es macht sich rein atmosphärisch nicht so bemerkbar - im Gegenteil man hat das Gefühl gegen Herbst werden die Gäste entspannter, es liegt weniger Druck auf dem Urlaub. Besonders im Jahr der immer wiederkehrenden Hitzewellen, kann sich schon mal etwas Druck aufbauen, der sich auch für Gastgeber bemerkbar machen kann, zumindest im eigenen Kopf. Man ist dann fast versucht, an größeren Schrauben drehen zu wollen. Braucht das Ottmanngut nun doch einen Pool? Kommen denn weiterhin genügend Gäste, wenn es nun einige Häuser gibt, die in die selbe Kerbe schlagen, aber auch für das kühle Nass sorgen. Braucht es viel mehr etwas für die kalte Jahreszeit, in der es noch Luft nach oben gäbe und der Garten im Ottmanngut, nicht so gut nutzbar ist? Entsprechen wird den Erwartungen der Menschen, die zu uns kommen? Zeichnen wir denn in der Kommunikation das richtige Bild von uns? Was wünschen sich die Gäste, die ins Ottmanngut kommen? 

Seit 2014 jagt in Südtirol ein touristisches Rekordjahr das andere. Das Jahr 2019 wird voraussichtlich ein normales Jahr, und es ist fast schon absurd, sich so manchen dieser Gedanken und Fragen hinzugeben. Wir können uns beim besten Willen nicht beklagen, denken aber auch an die Zukunft. Besonders in Zeiten von Overtourism, in Zeiten in denen Nachhaltigkeit und Umweltschutz eigentlich die Titelseiten der Tageszeitungen dominieren sollten, möchten wir möglichst Schritte in die richtige Richtung tun. Dieses zarte Gut der Natur soll uns das wichtigste sein, und nicht etwa mehr Raum für Autoabstellplätze oder dergleichen weichen. Auch daher wird der Parkplatz direkt am Ottmanngut sich nicht in seiner Größe ändern - der Rabatt für Zug- und Fahrradanreise bleiben. 

Es war von Anfang an klar, dass es nun nicht einfach darum gehen soll, Gäste ins Haus zu bekommen - die wahre Kunst ist es, die richtigen Gäste anzusprechen und zu erreichen. Bei meiner eigenen Urlaubsplanung werde ich mir jedes mal wieder aufs Neue bewusst, wie schwierig das eigentlich ist. Man hat so genaue Vorstellungen von Urlaub und Entspannung (wieviel diese dann mit der Realität zu tun haben, sei dahin gestellt) und dann kommen da noch die Vorstellungen und Ansprüche der Partnerin oder des Partners dazu und als Familie, wird die Entscheidung, nicht unbedingt leichter.

Ich wünsche mir Cordhosen, Bücherstapel und Abendrot. Katharina wünscht sich Sand zwischen den Fingern, Salzkristalle auf der Haut und Meeresrauschen. Und natürlich muss es einen Ort geben an dem Theodor rumliegen und seinen eigenen LAUTen lauschen kann, ohne jemanden zu stören. Es ist also nicht einfach, und dennoch möchte ich mir immer wieder überlegen, was ich selbst im Urlaub suche und was ich unseren Gästen bieten möchte. Woraus besteht denn so ein guter Urlaub? Für mich ist er gespickt mit langen Leseeinheiten, mit umkippenden Büchern wegen zufallender Augen, gutem authentischemEssen und Raum - Raum für sich, zum Ruhen und Entspannen natürlich, aber auch um die Gedanken schweifen und Ideen sprudeln zu lassen, um sich Dingen zu widmen, denen man im Alltag nicht genügend Platz einräumt. Gleichzeitig möchte ich neue Dinge entdecken, wenn möglich ohne Druck, am liebsten zufällig. Wir möchten einen Ort schaffen, an dem all dies möglich ist, ohne dass wir Theater spielen müssen oder die Gäste in eine bestimmte Schublade passen müssen. Für viele vermischt sich zunehmend Urlaub mit Arbeit und umgekehrt, auch ich sitze gerade auf der Sonnenterasse von Gasthof Kohlern oberhalb von Bozen und schreibe diese Zeilen - Arbeit, irgendwie, aber eigentlich auch nicht. Auch das soll möglich sein. 

Ich habe gerade das Gefühl, ewig weiter schreiben zu können und so hat dieser Ort eines schon mit Sicherheit geschafft: ich widme mich einer Sache, der ich im Alltag zu wenig Zeit einräume und diverseste Gedanken nehmen sich ihren Raum, wenn auch etwas wirr, wie Sie selbst lesen können. 

Nun genieße ich noch die letzen Sonnenstrahlen und freue mich, wenn ich den ein oder anderen von Ihnen auch bald wieder beim Genießen der spätsommerlichen Sonne begleiten darf. Die Zeit der flach einfallenden Sonnenstrahlen, der langen Schatten und des kristallklaren Bergwetters hat ja eben erst begonnen. Wir genießen sie.

Herzliche Grüße aus dem Urlaub,

Martin Kirchlechner